Sonntag, 19. Juli 2015

[ #tagebuch ] Griechenland und die „Bavarokratie“ [Βαυαροκρατία]

Die erniedriegenden Abstimmungen des griechischen Parlaments über den aufgezwungenen EU-Deal finden im Athener Stadtschloss (Parlamentssitz) statt. Schon der Bau ist ein Dokument griechischer Unfreiheit. Ein minderjähriger bayrischer Prinz kostümierte sich dort mit Willen der europäischen Großmächte zum König von Griechenland. 

Es wurde von BaYern für den von der Londoner Konferenz als König ernannten 17jährigen Otto I. von Griechenland (von Wittelsbach) erbaut. Otto I. hatte auch "reformfreudige bayrische Beamte" mit: 3.500 Soldaten. Seine Apanage als bayrischer Prinz behielt er sicherheitshalber.

Sein neoabsolutistischer Begriff vom Königtum ließ ihn die Forderung nach einer Verfassung und damit der Mitwirkung von Untertanen an der Regierung ablehnen. Auch im Kabinett des Königs hatten Griechen keine Stimme – die Regierung bestand weiterhin ausschließlich aus Bayern. Bayrische Gesetze wurden nach bayrischem Vorbid geschaffen und selbst das bayrische Reinheitsgebot für das griechische Bier wurde festgeschrieben. Diese volksferne Verwaltung und Fremdherrschaft nannten sue deshalb auch „Bavarokratie“. Das Blau der griechischen Flagge ist bis heute bayrisch geblieben.

Die Schulden Griechenlands gegenüber dem Staate Bayern beliefen sich zu guter Letzt auf 1.933.333 Gulden und 20 Kreuzer oder 4.640.000 Drachmen. Ohne das letzte Darlehen von einer Million Gulden, das König Ludwig ermöglichte, hätte Griechenland den Staatsbankrott anmelden müssen.

Faktisch bestimmten Großbritannien, Frankreich und Russland die griechische Politik. Dem bayrischen Philohellenismus verdanken wir nicht nur die Pinakothek in München sondern auch das Y in Bayern (König Ludwig I., 1825).

Der Phillohellenismus ist vorbei. Der Neabsolutismus auch. Die Ausbeutung und Abhängigkeit, ja Fremdherrschaft in Griechenland dauert an. Neu ist die Methode: Der Neoliberalismus

Tagebucheintrag: Heinz Starchl  19. Juli 2015