Hartz (I, II, III, IV) ist eine Armutsmaschine. In der Koaliton der SPD mit den Grünen wurden die Arbeitslosenhilfe abgeschafft, Zeitarbeit und Minijobs liberalisiert und die Sozialämter mit den Arbeitsagenturen zusammengelegt, präkarisierte Arbeitsverhältnisse, Ein-Euro-Jobs als zeitgemäße Variante des Reichsarbeitsdienstes organisiert. Mehr als nur ein rotgrüner Sündenfall.
Das führte zu erheblichen Verwerfungen am Arbeitsmarkt und erhöhten deutlich das Verarmungsrisiko von Arbeitnehmern. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen steigt weiter, der Niedriglohnbereich liegt bereits bei 25 Prozent. Immer mehr Arbeitsverhältnisse sind nur noch befristet, immer mehr führen nur zu Armut. Die Alterssicherung ist allen gegenteiligen Behauptungen zum Trotz für die heutige Generation bereits im Eimer.
Gleichzeitig wurde in Europa die Osterweiterung vorangetrieben. Dabei wurden 2007 Staaten aufgenommen, deren Wirtschafts- und Rechtslage höchst problematisch war. Während sich in den europäischen Machtzentren die Populisten und Gewerkschaften durchsetzten, die den freien Arbeitsmarkt mit diesen Ländern verzögerten ("zum Schutz der heimischen Arbeitskräfte") verlegten viele europäische Konzerne (im Schutze des freien Kapitalmarketes) Produktionen, Investitionen und Betriebe in diesen europäischen Billiglohnbereich. Die Konkurrenz waren nicht die ausländischen Billigarbeitskräfte sondern das Lohngefälle zu den neuen EU-Mitgliedern. Und das gilt es der europäischen Politik zu beseitigen. Nicht dort, hier.
Besonders dramatisch hat sich damit das Verhältnis zwischen Arm und Reich in Deutschland verändert. Die obesrten 5 Prozent der Einkommensbezieher lukrieren insgesamt über 21 Prozent der Einkommen während sich die untersten 50 Prozent (also die Hälfte der deutschen Steuerpflichtigen) zusammen nicht einmal 19 Prozent aller Einkommen teilen müssen. Von Gleichheit, ja nur Gerechtigkeit ist dieser Zustand Lichtjahre entfernt.
Mit der Hartzgesetzgebung wurde in Deutschland der Abbau des europäische Wohlfahrtsstaates ausgerechnet von einer rotgrünen Regierung brav dem neoliberalen Thatcherismus und New Labour folgend eingeleitet, der sich nach der Wiedervereinigung notgedrungen das restliche Europa schon vor der Finanzkrise unterordnen musste. Deutschland feiert seither wieder Exportüberschüsse, zuletzt 285 Milliarden Dollar. Die Handelsbilanz ist unausgeglichen und eine Gefahr für Euopas Stabilität. Dass zu den Säulen einer vernünftigen (kapitalistischen) Volkswirtschaft eine ausgeglichene Handelsbilanz gehört, das versteht man nicht nur an Stammtischen nicht.
Derweilen beruhigt man die durch diese Politik abgestiegenen Menschen nicht allein mehr mit Fußball. Es genügt auch nicht mehr sie auf dem Fußballplatz begrenzt randalieren zu lassen. Der Feind heißt wieder Russland und gegen Griechenland wird gewütet wie seinerzeit beim IV. Kreuzzug in Konstantinopel. Schon dort waren die venezianischen Kauffleute treibende Kraft.
Die nationalistische außenpolitische Ablenkung soll den Putsch gegen Europas Arbeiterbewegung und den Wohlfahrtsstaat nur verdecken. Griechenland ist nicht etwa ein Anfang sondern nur ein widerspenstiges Puzzleteil bei diesen Anstrengungen. Die Verhartzung europäischer Sozialordnungen soll den reicher und reicher werdenden Vögten dieser neuen Feudalordnung die Armutsverwaltung und die Reservehaltung einer Armee an Billigarbeitskräften erleichtern und den Widerstand in Schach halten.
Heute entscheidet sich nicht Griechenlands Zukunft. Heute entscheidet sich ein Puzzlestein im Sein oder Nichtsein der europäischen Arbeiterbewegung, des europäischen Wohlfahrtsstaates. Es ist längst kein Kampf mehr um Verbesserung, um Mitbestimmung und soziale Demokratie, sondern ein Rückzugsgefecht. Die Zeichen stehen auf schlecht. Die Sozialdemokraten Europas (und übrrigens auch die Grünen) haben die Kriegskredite längst bewilligt.
Tagebucheintrag: Heinz Starchl 5.Juli 2015
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