Zugegeben, eine Regierungsbeteiligung der FPÖ in Burgenland ist kein Herzeigemodell. Aber warum man sich darüber erbost, bleibt über das Ritual hinaus unklar und der Verdacht liegt nahe, dass man damit ein weiteres Mal nicht über die realen Probleme nachedenken sondern stattdessen in einen Event flüchten will. Mit der ÖVP und deren Innenministerin macht man ja auf Bundesebene genau diese Politik seit Jahr und Tag und auch ausdrücklich jene Politik, die selbst eine so skandalgeschüttelte Partei wie die FPÖ von Wahlsieg zu Wahlsieg befördert.
Die unendliche Leere sozialdemokratischer Politik. Inhaltsleer und ritualhaft ist eben auch die gesamte innerparteiliche Opposition der SPÖ. Kindisch der Ausschlussantrag der "jungen Sozialdemokraten", kitschig der Austritt von Sonja Albinger. Zum Austritt hätte sie lange genug Zeit und mehr als genug Gründe gehabt und niemand hätte es ihr verargen dürfen und können. Nur hier verpufft der Austritt in erfolgloser Selbstdarstellung.
Die Fragen um die sich alles dreht, stehen nicht auf und in dem Programm und auch nicht in den teuren und bunten Wahlbroschüren. Den ganzen Schmarren hätte man sich ersparen können, wenn die SPÖ ein Programm hätte. Das hat sie aber nicht. Ein solches Programm hieße mehr Demokratie. Das will sie aber nicht.
Weniger statt mehr Demokratie. In beiden Ländern - der Steiermark und Burgenland - hat man auf Betreiben dümmster und unreflektierter Machtpolitik die Proporzregierungen abgeschafft. Hätte man das nicht, dann könnte man heute über die Regierungsbeteiligung der FPÖ zur Tagespolitik übergehen. Doch nicht nur das, die Abschaffung des Proporzsystems war ein Angriff auf die Demokratie, die Beseitigung der lästigen Mitbestimmung von politischen Minderheiten, der Kuhhandel um Koalitionen. Man hat vorsätzlch den Konflikt gewählt statt der Konkordanz, statt der Zusammenarbeit mit und unter den Bürgern.
Mit Proporz versteht man in der Politkwissenschaft nicht die Verteilung von Pöstchen nach Parteibuch (welche eigentlich ganz ohne Proporz in Mehrheitsregierungen ohnedies geschieht), sondern die Beteiligung von allen Parteien nach ihrer Stärke an der Verwaltung. Und bei der Kleinheit der österreichischen Bundesländern und den fehlenden legistischen Aufgaben wäre die ursprünglich 1919 in den Verfassungen der Bundesländer vorgeschriebene Zusammenarbeit durch proportionelle Beteiligung der Parteien an der Verwaltung (das meint ja "Regierung"), die einzige demokratische Lösung. Die Landesparlamente können ohnedies über nicht viel mehr als das Jugendschutzgesetz bestimmen. Selbst das ist anachronistisch.
Konkordanz statt Konflikt. Das Konkordanzmodell der Schweiz, verbunden mit direktdemokratischen Initiativen wäre ein zutiefst (sozial-)demokratisches Programm, wenn es noch eine Sozial(-demokratie) gäbe. Diese haben gerade auch die Sozialdemokraten allen voran aber über die Parteienfinanzierung abgeschafft. Man tut sich die lästige Mitbestimmung durch die Genossen doch erst gar nicht mehr an, wenn man sich mit dem Vielfachen möglicher Mitgliedsbeitrage einfach aus den Kassen der Republik, der Länder, der Kommunen, der gesetzlichen Interessensvertretungen und gar Europas bedienen kann.
Tagebucheintrag: Heinz Starchl 9. Juni 2015
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